Stadtquartiere – mehr als eine Assetklasse

06.12.2021

Eine aktuelle Studie von bulwiengesa und Corestate liefert umfassende Daten zu realisierten und geplanten Stadtquartieren in Deutschland. Darin zeichnen die Autoren auch die unterschiedlichen Definitionen für das Segment „Stadtquartier“ nach, die trotz genereller Einigkeit über seine hohe Attraktivität existieren. Je nach Perspektive gehen die einen ausschließlich nach quantifizierbaren Größen, während sich die anderen vor allem an sozialen Faktoren orientieren. Das führt zu stark voneinander abweichenden Definitionen und Typologien und zeigt, wie schillernd das Phänomen „Stadtquartier“ ist.

Mit historisch gewachsenen Vierteln haben Stadtquartiere nur die lokale Begrenzung gemeinsam. Denn sie waren durch ein Gebäude oder eine Berufsgruppe geprägt. So entstanden Bahnhofs-, Künstler- und Bankenviertel. Ein modernes Quartier dagegen durchbricht die traditionelle Trennung der Lebensbereiche Wohnen und Arbeiten und vermischt sie miteinander. Darum verbergen sich unter dem einen Begriff sehr unterschiedliche Erscheinungsformen. Sie reichen vom Wohnviertel mit Kindertagesstätte, Lebensmittelgeschäft und vereinzelten Gewerbeeinheiten bis zu Hotel- und Bürotürmen mit Apartments und Fitness-Studios.


 

Nutzungsmix senkt ökonomische Risiken

Diese Vermengung hat zahlreiche positive Effekte: Kurze Wege zu den Einrichtungen des Alltags, eine gute Nahverkehrsanbindung und Angebote für E-Mobilität steigern die Lebensqualität der Quartiersnutzer. Zugleich senken sie Klimabelastungen. All das macht die Menschen unabhängig von der weiteren Stadtumgebung und lässt die individuelle Verbundenheit mit dem eigenen Wohnort wachsen. Für Investoren ist die Kombination unterschiedlicher Immobiliensegmente innerhalb eines Anlageobjektes ebenfalls attraktiv, weil das Quartier weniger anfällig für wirtschaftliche Risiken ist.

Stadtquartiere gibt es nicht nur in Großstädten. Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) hat 751 Quartiere in 260 deutschen Kommunen untersucht. Etwa 20 Prozent befinden sich auf dem Gebiet einer Kommune mit weniger als 50.000 Einwohnern. Allerdings liegen diese zumeist im Speckgürtel eines Ballungsraums oder einer Großstadt. Hier verhindert das Konzept Stadtquartier die Entstehung reiner „Schlafstädte“, deren Bewohner sich in allen Belangen auf ihren Arbeitsort ausrichten und keine Beziehung zum Wohnumfeld entwickeln. Auch die aktuelle Studie von bulwiengesa und Corestate weist rund die Hälfte aller identifizierten Stadtquartiere außerhalb von Metropolen und jenseits guter bis sehr guter Wohnlagen aus.


 

Gesucht: Geeignete Flächen und Konzepte

Funktionierende Quartiere brauchen ein überzeugendes Konzept und ein qualifiziertes Quartiersmanagement mit kurzem Draht zu allen Interessensgruppen. Die erste Herausforderung stellt aber die Suche nach der geeigneten Fläche dar. Wenn schon Pläne für das private Eigenheim am mangelnden Grundstücksangebot scheitern, kann die Lage für weitaus größere Vorhaben nicht einfacher sein. Hinzu kommt: Freiwerdende Flächen sind oft die Folge eines tiefgreifenden Strukturwandels in einer Stadt, weil ehemals bedeutende Industriezweige aufgegeben werden, Betriebe ihre Produktion verlagern oder ausländische Militäreinheiten abziehen. In solchen Fällen sinkt die Wohnungsnachfrage zunächst, bis neue Arbeitsplätze entstehen.

Es müssen also einige Faktoren zusammenkommen, um gute Ausgangsbedingungen für ein neues und attraktives Stadtquartier zu schaffen. Dessen ungeachtet wächst der Markt. 2019 wurden rund 9 Milliarden Euro in Quartiere investiert – achtmal so viel wie noch 2013. Im Pandemiejahr 2020 sank das Transaktionsvolumen zwar auf 5 Milliarden Euro, doch wird auch zukünftig mit einer hohen Nachfrage gerechnet. Aktuell beläuft sich das Marktvolumen auf rund 200 Milliarden Euro, Tendenz steigend. Die Experten von bulwiengesa und Corestate erklären sich diese Attraktivität damit, dass Stadtquartiere eine Antwort auf die Megatrends unserer Zeit geben: Sie verbinden urbanes Wohnen mit dem Bedürfnis nach Nähe und bieten nachhaltige Lösungen für moderne Lebensentwürfe.


 

Aus Prinzip unterschiedlich

Genau das dürfte auch die treffendste Definition für das Stadtquartier sein. Denn zum einen formuliert es die Gemeinsamkeiten der unterschiedlichen Spielarten. Zum anderen aber erklärt es eben diese Verschiedenheit zur Grundidee. Stadtquartiere reagieren auf divergierende soziale Bedürfnisse und Gegebenheiten – mit jeweils eigenen Ansätzen und Konzepten. Daher taugen sie wenig für gedankliche Schubladen und einfache Klassifizierungen, möglicherweise jedoch zu einem Erfolgsrezept für die Bewältigung der Herausforderungen moderner Stadtplanung. Sollte sich das in Zukunft bewahrheiten, kann die endgültige Begriffsklärung den Wissenschaftlern überlassen werden.


 

 


Quelle: Ralf Streckfuss, DZ HYP

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