Nachverdichtung – wann sind die Grenzen erreicht?

01.09.2021

Um in Städten weiteren Wohnraum zu gewinnen, geht der Trend zunehmend in Richtung Nachverdichtung. So werden sukzessive ländliche in suburbane Siedlungsräume umgewandelt und suburbane in urbane. Alternativ entstehen kernstädtische Hochhausgegenden. Auch innerhalb einer City gibt es vielerorts noch freie oder brachliegende Flächen, die sich nachverdichten lassen.

Als Maßnahmen stehen verschiedene Möglichkeiten zu Auswahl. Baulücken können geschlossen werden, bestehende Gebäude werden aufgestockt oder durch einen Anbau verlängert. Auch weitläufige Gartengrundstücke sowie große Innen- oder Gewerbehöfe können geteilt und zur Hinterlandbebauung ausgewiesen werden. Ist der Bestand zu marode oder unrentabel, werden vorhandene Bauten abgerissen und durch größere Gebäude ersetzt. Die Konversion ehemaliger Militärgelände oder aufgegebener Bahnflächen eignet sich ebenfalls dazu, um mehr Wohnraum zu gewinnen.

Hierfür müssen keine Wälder gerodet und keine Ländereien neu erschlossen werden. Stattdessen wird die vorhandene Infrastruktur genutzt. Eine weitläufige Zersiedlung wird somit vermieden.


 

Flächenversiegelung zieht klimatische Veränderungen nach sich

Doch wann sind die Grenzen erreicht? Wie viel Verdichtung verträgt eine Stadt? München beispielsweise weist mit 84 Prozent den höchsten Anteil an Siedlungs- und Verkehrsfläche unter Deutschlands Großstädten auf. 47 Prozent davon sind versiegelt, das heißt bebaut, asphaltiert oder anderweitig befestigt. In Frankfurt am Main sind rund 40 Prozent der Stadt versiegelt, in Berlin 39 Prozent, in Hamburg rund 37 Prozent und in Köln 34 Prozent. Laut aktuellem Katalog des Bundesamts für Bauwesen und Raumordnung (BBSR) gilt ein Versiegelungsgrad der angrenzenden Flächen rund um eine Liegenschaft als hoch, wenn er 50 Prozent übersteigt.

Aktuelle Ereignisse zeigen, welche Auswirkungen klimatische Veränderungen auf Makro- und Mikrolagen haben können. Bei Starkregen fließt das Wasser nicht ab. Zudem entwickelt sich die Stadt zu einer Wärmeinsel, die sich deutlich von der Temperatur im Umland unterscheidet. Auch die Feinstaubkonzentration nimmt im City-Bereich zu. Es fehlen Bäume, Parks und Wasserflächen, die diese klimatische Entwicklung ausgleichen könnten. Deshalb sollen beispielsweise in einigen Münchner Stadtteilen Versiegelungen künftig vermieden und Grünzüge erweitert werden. Dies ist ein wichtiger Aspekt des Stadtentwicklungsplans 2040, der derzeit in der bayerischen Landeshauptstadt diskutiert wird.


 

Die Realisierung eines Vorhabens hängt von vielen Faktoren ab

Nachverdichtung kann auf unterschiedliche Sichtweisen stoßen und Diskussionen hervorrufen. Einige Stimmen befürchten, dass das historische Stadtbild beeinträchtigt wird. Andere fühlen sich einer zusätzlichen Verkehrs- und Lärmbelastung ausgesetzt. Es gibt auch Bedenken, dass durch die Nachverdichtung der Grünflächenverlust, die Gentrifizierung und der Klimawandel verstärkt werden könnten. Es ist und bleibt ein Spannungsfeld.

Wer im innenstädtischen Bereich wohnen möchte, muss akzeptieren, dass es enger wird oder dass bisher unbebaute Flächen verbraucht werden. Intelligente Lösungen finden dabei durchaus Zustimmung, wenn ein Quartier durch Nachverdichtung aufgewertet wird. Ein gelungenes Beispiel ist die 1950er-Jahre „Platensiedlung“ in Frankfurt-Ginnheim, die teils aufgestockt, teils durch Anbauten erweitert wurde.

Die Verdichtung großer Nachkriegssiedlungen war in der Mainmetropole zunächst tabu, um den preiswerten Wohnraum nicht zu gefährden. Da durch nachträgliche Bebauung noch eine Reserve von 19.000 Wohnungen im Stadtgebiet gehoben werden kann, allein 7.000 davon in den Siedlungen der Nachkriegsmoderne, hat Frankfurt jüngst neue Leitlinien aufgestellt.


 

Vorschriften und Gesetze verhindern oder erleichtern Bauoffensiven

Andernorts setzen Bauvorschriften der Nachverdichtung ihre Grenzen. So darf in Köln die Sicht auf den Dom nicht versperrt werden. Auch der Feuerwehrzugang oder alter Baumbestand bestimmen die Höhe des Gebäudes und verbieten mitunter eine gewünschte Aufstockung. Es ist nicht einfach, sich in dem „Auflagendschungel“ zurecht zu finden. Durch das im Mai vom Bundestag verabschiedete Baulandmobilisierungsgesetz können Kommunen Baulücken und brachliegende Flächen künftig schneller und flexibler nutzen. Zudem erhalten Gemeinden mehr Möglichkeiten, Dachgeschossausbauten und Anbauten zu erleichtern. Die Münchner Entscheider wiederum werden durch ihren neuen Stadtentwicklungsplan 2040 eine eigene verbindliche Richtschnur für weitere Bebauungspläne vorgeben.

Bevor sich ein Bauvorhaben in einer vorhandenen Infrastruktur realisieren lässt, sind Abhängigkeiten zu berücksichtigen. Dafür gibt es vielfältige Möglichkeiten, sich vorab zu informieren. Fakt bleibt, dass Nachverdichtung ein immenses Baupotenzial ermöglicht. Gleichzeitig ist erkennbar, dass eine klimatische Veränderung in Makro- und Mikrolagen einen wachsenden Einfluss auf die Wertigkeit einer Immobilie haben. Was letztendlich zählt, ist, langfristig eine gute Lage- und Lebensqualität gewährleisten zu können.

 


Quelle: Jürg Schönherr, DZ HYP

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