Logistikimmobilien: Geht der Boom weiter?

17.08.2022

Während hohe Inflation und steigende Zinsen Rezessionsängste schüren und Stimmen, die den Immobilienboom am Ende sehen, lauter werden, scheint der deutsche Markt für Logistikimmobilien nur eine Richtung zu kennen: nach oben. Zwar ist das Transaktionsvolumen von Gewerbeimmobilien im ersten Halbjahr 2022 insgesamt geschrumpft, bei Logistik vermelden die aktuellen Zahlen aber einen neuen Rekord: In den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres wurden laut Jones Lang LaSalle (JLL) An- und Verkäufe in einem Volumen von 5,6 Milliarden Euro getätigt. Das sind gut 40 Prozent mehr als im Vorjahr. Der Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre hat sich damit mehr als verdoppelt. Erstmals seit 2009 lässt sich an den etablierten Standorten aufgrund des Marktumfelds und dadurch sinkender Kaufpreise ein Anstieg bei den Netto-Spitzenrenditen beobachten. Das Neubauvolumen entwickelte sich laut dem auf Logistikimmobilien spezialisierten Beratungshaus Logivest im ersten Halbjahr mit 2,6 Millionen Quadratmetern stabil. Und auch der Flächenumsatz und die Mietpreise stiegen an.


 

Anpassung an globale Entwicklung

Wird das so weitergehen? Logistikimmobilien haben sich in der vergangenen Dekade zu Recht zu einer begehrten Assetklasse entwickelt. Selbst wenn das Umfeld in den nächsten Monaten zu einer gesunden Korrektur der Kaufpreise führen dürfte und sich momentan an Top-Standorten wie München oder Hamburg eine leichte Zurückhaltung bei der Realisierung geplanter Neubauvorhaben beobachten lässt, wird der Markt in Bewegung bleiben.

Letztlich wenig überraschend. Denn Logistik ist nun einmal eine Branche, die in unserer zunehmend vernetzten Gesellschaft unentbehrlich geworden ist. Sie versorgt Menschen und Wirtschaft nicht nur innerhalb Deutschlands mit Waren und Rohstoffen, sondern stellt auch den Transport zwischen Deutschland und der Welt sicher. Somit muss sie sich unentwegt an globale Entwicklungen anpassen: das starke Wachstum des Onlinehandels, verändertes Konsumverhalten, die Zunahme der E-Mobilität und die Energiewende, um nur einige zu nennen. Hinzu kommen die Auswirkungen anhaltend fragiler Lieferketten. Sie führen momentan dazu, dass viele Unternehmen im Zuge eines sogenannten Re- oder Nearshoring Lagerkapazitäten in Deutschland aufstocken wollen und dafür geeignete Logistikareale benötigen. Diese sind an den etablierten Standorten bereits knapp.


 

Hohe Veränderungsdynamik erfordert flexible Konzepte

Der stetige Transformationsdruck, unter dem die Branche steht, stellt somit höchste Anforderungen an Flächen, deren Lage, die Zugangswege und natürlich an die Objekte selbst. Gerade bei Logistik gilt: Immobilie ist nicht gleich Immobilie. Wie gut sie sich an relevante gesellschaftliche, aber auch strukturelle Trends anpassen lässt, entscheidet über ihre nachhaltige Attraktivität. Drei Beispiele:


 

1. Citylogistik und verändertes Konsumverhalten

Ob Arzneimittel, Kleidung oder Abendessen – mittlerweile kann man sich fast alles nach Hause liefern lassen. Das Segment der Liefer- und neuerdings auch Abholdienste erschließt immer neue Zielgruppen. Die Abwicklung logistischer Services in der „ersten“ bzw. „letzten“ Meile der Lieferkette zum Kunden, also zum Beispiel eine Lieferung am selben Tag, ist nur mit sehr gut angebundenen Flächen in der Stadt oder nahen Randlagen möglich. Für Projektentwickler und Kommunen gilt es, im Dialog neue städtebauliche Ansätze zu finden, mit denen etwa Warehouse- und Produktionsflächen mit individualisierbaren Flächen für Büros kombiniert und somit für Handel, Gewerbe und Produktion nutzbar gemacht werden können.


 

2. Nachhaltigkeit

Die Immobilienwirtschaft hat einen großen Hebel bei der nachhaltigen Transformation der Wirtschaft. Bau- und Abbruchabfälle von Gebäuden machen laut Statistischem Bundesamt mehr als die Hälfte des gesamten Abfallaufkommens aus. Die rund 22 Millionen Gebäude in Deutschland sind zudem für rund ein Drittel unseres CO2-Ausstoßes verantwortlich. Klimaneutralität, Energieeffizienz und eine gesundheitsfördernde und sozialverträgliche Ausstattung sind damit auch bei Logistikimmobilien ein großes Thema. Beliebte Lösungen sind Solaranlagen, Dachbegrünung und eine verbesserte Belüftung, was vor allem in arbeitsintensiven Bereichen wie der Kommissionierung gefragt ist. Durch Fortschritte in der Automatisierung können Lagerung und Transport, aber auch der Energieverbrauch und die Haustechnik intelligent gesteuert werden. Schließlich werden soziale Nachhaltigkeitsfaktoren noch mehr Bedeutung erhalten. Erste Logistikareale bieten Wohnunterkünfte für Angestellte mit langen Anfahrtswegen sowie Gastronomie- und Freizeitangebote. Diese sind immer häufiger das Ergebnis eines Dialogs, den Projektentwickler schon in einer frühen Planungsphase mit den Kommunen suchen, da Widerstände aus der Bevölkerung gegen Neubauvorhaben zunehmen. Dieser Dialog wird wichtiger werden, wenn sich Logistikparks nachhaltig in ihrer Region integrieren wollen.


 

3. Brownfields

Der Gesamtbestand an Logistikflächen wird in Deutschland auf rund 150 Millionen Quadratmeter geschätzt. Auch wenn in den vergangenen beiden Jahren viel neu gebaut wurde, ist die Nachfrage hoch und Bauland knapp. Zudem sieht der Gesetzgeber vor, die Flächenversiegelung bis 2030 auf unter 30 Hektar am Tag zu reduzieren, bis zum Jahr 2050 soll sie bei null Hektar liegen. War es bislang normal, auf der grünen Wiese zu bauen, werden Entwickler und Investoren verstärkt zur Revitalisierung von Brachflächen, sogenannten Brownfields, übergehen und auch dort grüne Lösungen erarbeiten müssen.

Die Beispiele zeigen: Innovative Konzepte sind gefragt, um die Herausforderungen zu meistern, vor denen die Branche steht. Investoren, Entwickler, Mieter und Anwohner werden dabei noch enger zusammenarbeiten müssen. Gelingt dies, wird der Logistikimmobilienmarkt langfristig hoch attraktiv bleiben.

 


Quelle: Peter Fehlinger, DZ HYP

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