Dr. Michael Holstein ist Chefvolkswirt der DZ BANK. Unter seiner Führung entstehen im genossenschaftlichen Spitzeninstitut Analysen und Prognosen zu Konjunktur, Märkten und Emittenten. Für den DZ HYP ImmoBlog gibt er einen Ausblick auf die kommenden Monate und erklärt, warum wir erst im kommenden Jahr mit einer Erholung auf den weltweiten Wirtschaftsmärkten rechnen dürfen.
„Im kommenden Frühjahr dürften sich erste Erleichterungen abzeichnen“
06.10.2022
Herr Dr. Holstein, laut Ihren Prognosen wird die Inflation weiter steigen und der Konsum abnehmen. Was begründet diese Perspektive?
Dieses Jahr ist stark vom Ukraine-Krieg und den steigenden Energiepreisen geprägt. Viele volkswirtschaftliche Indikatoren sprechen dafür, dass die allgemeinen Unsicherheiten an den Märkten weiter anhalten werden. In den wichtigen Industrieländern sehen wir für das Winterhalbjahr eine ausgeprägte Rezession. Für Deutschland erwarten wir, dass die Wachstumsrate des Bruttoinlandsprodukts in diesem Jahr auf 1,1 Prozent fallen wird. Auch wenn der Arbeitsmarkt hierzulande noch stabil ist, sinkt aufgrund der hohen Inflation das reale Einkommen. Insofern halten sich Verbraucher bei größeren Anschaffungen zunehmend zurück.
Der kontinuierliche Inflationsanstieg führte zu einer Straffung der Geldpolitik. Wird die Erhöhung der Leitzinsen künftig weiter fortgesetzt werden?
Die Inflation befindet sich in Deutschland auf dem höchsten Stand seit den 1970er Jahren. Nach rund 8 Prozent im August rechnen wir für den Herbst 2022 zunächst mit einem weiteren Anstieg auf eine zweistellige Inflationsrate. Das heißt, dass wir uns aktuell in einer besonders angespannten Situation befinden, die sich auch nicht so schnell bessern wird. Erst im kommenden Jahr dürfte der Wert wieder etwas sinken. Die Europäische Zentralbank (EZB) strebt eine Inflationsrate von 2 Prozent an und musste deswegen auf die spürbar veränderte wirtschaftliche Gesamtsituation mit zwei kräftigen Leitzinserhöhungen reagieren. Wir können dieses Jahr relativ sicher von zwei weiteren Anhebungen ausgehen.
Die Gas- und Energiepreise notierten dieses Jahr einen spürbaren Preissprung. Welche Auswirkungen hat der fortsetzende Anstieg der Rohstoffpreise auf Deutschland?
Zunächst wird durch die aktuellen Entwicklungen deutlich, wie sehr Deutschland von Energieimporten abhängig ist, und dass diese sich weiter verteuern. Allein für Erdgas musste im August 2022 im Vergleich zum vergangenen Sommer das Vier- bis Fünffache gezahlt werden. Die Kosten der Einfuhren von Erdgas, Mineralöl, Mineralölprodukten, Steinkohle und sonstigen Energieträgern betrugen schon 2021 insgesamt 104 Milliarden Euro, was einem Anstieg von 63 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum entspricht. Diese zunehmenden Belastungen wirken sich auf die Erzeugerpreise hierzulande aus – vor allem bei jenen Produkten, die stark auf Energieimporte angewiesen sind. Dies setzt die Unternehmen einerseits unter enormen Margendruck und erhöht andererseits die Verbraucherpreise.
Der DAX sinkt aktuell weiter. Trotz der Turbulenzen erwarten Sie für das kommende Jahr wieder anziehende Aktienkurse. Was stützt Ihren Optimismus?
Die steigenden Energiepreise und die wirtschaftlichen Auswirkungen des Ukraine-Kriegs belasten die Unternehmensstimmung stark. Wenn wir uns jedoch an früheren Krisen orientieren, dürften sich im kommenden Frühjahr erste Erleichterungen abzeichnen. Die deutschen Aktienmärkte sind derzeit nicht überteuert. Das Kurspotenzial des US-Dollars, der momentan als sicherer Hafen gefragt ist, wird bald ausgereizt sein. Davon dürfte der Euro profitieren. Deshalb rechnen wir mittelfristig mit positiven Perspektiven für den DAX.
Welche Entwicklungen erwarten Sie auf den deutschen Immobilienmärkten?
Der Einzelhandel wird schwach bleiben und leidet jetzt besonders – auch in den Innenstadtlagen. Das drückt die Mieten in diesem Segment. Bei den Spitzenmieten im Bürosegment gab es zuletzt noch einen kräftigen Anstieg. Aber auch da gehen wir von einer Beruhigung aus. Die Nachfrage wird etwas schwächer werden. Der Trend zum Homeoffice geht weiter. Die Unternehmen konzentrieren sich folglich auf weniger Büroflächen, sind aber gleichzeitig auf der Suche nach höherwertigen Objekten. Bei Wohnimmobilien herrscht im Moment zwar eine spürbare Zurückhaltung. Dennoch gehen wir davon aus, dass die Preise in diesem Segment trotz steigender Zinsen nicht einbrechen werden. Der Zuzug von Geflüchteten aus der Ukraine wird den Wohnungsmarkt in Deutschland zukünftig noch weiter verknappen. Langfristig dürfte jedoch die Bevölkerungszahl sinken, wenn nicht mehr Menschen einwandern. Dann wird auch die Nachfrage nach Wohnraum etwas nach unten gehen. Weitere Preiserhöhungen sind also kaum zu erwarten, aber auch einen Einbruch der Immobilienpreise halten wir für unwahrscheinlich.
Quelle: Dr. Michael Holstein (DZ Bank), DZ HYP
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