Dotcomkrise 2.0? –
Büroimmobilienmärkte im Aufwind

29.05.2018

In den vergangenen Jahren hat sich die Nachfrage nach Büroflächen spürbar erhöht. Weil sich aber die Neubautätigkeit bis heute auf einem niedrigen Niveau bewegt, gehen die Leerstandsquoten seit Jahren zurück. Das spärliche Angebot sorgt vor diesem Hintergrund für einen anhaltenden Preis- und Mietanstieg. Neue Technologieunternehmen und der Wandel zu einer Dienstleistungsgesellschaft lassen den Flächenbedarf aufgrund der wachsenden Zahl von Bürobeschäftigten weiter ansteigen. Von der zunehmenden „Digitalisierung“ profitiert der Büroimmobilienmarkt enorm, weshalb er in Zukunft eine bedeutende Rolle bei Investitionsentscheidungen einnehmen wird.

Ähnlich war die Situation im Jahr 2001, dem Höhepunkt der sogenannten Dotcomblase. Damals erlebten IT-Unternehmen der „New Economy“ einen wahren Hype und die Gewinnerwartungen stiegen ins Unermessliche. Doch der Boom währte nicht lang. Die neuen Technologieunternehmen konnten den hohen Renditeerwartungen kaum gerecht werden, wodurch vermeintliche Hoffnungsträger Insolvenz anmelden mussten. Die Blase platzte. Die Leerstandsquote stieg aufgrund der nicht mehr in dem Maße von IT-Unternehmen benötigten Flächen sprunghaft an und die Krise erreichte den Büroimmobilienmarkt.

Damals wie heute erleben wir einen digitalen Umbruch, welcher zu sinkenden Leerstandsquoten bei Büroimmobilien führt. Jedoch hat die Dotcom-Krise gezeigt, dass der Leerstand innerhalb weniger Jahre massiv ansteigen kann. Starke Volatilitäten sind Gift für Immobilienmärkte, in denen es um langlebige, an einem Standort gebundene Investitionsgüter geht und eine entsprechende Planungssicherheit vorhanden sein muss. Es stellen sich unweigerlich zwei Fragen: Ist der anhaltende Boom in der Dienstleistungsbranche nachhaltig? Und: Wird zu viel gebaut?

Was die heutige Angebotssituation angeht, kann zumindest eine Entwarnung gegeben werden. Denn sie ist nur bedingt mit der damaligen vergleichbar. In der Dotcomkrise traf eine rege Bautätigkeit (Angebotsausweitung) auf eine rezessive IT-Branche (Nachfragerückgang), was zu hohen Leerstandsquoten und Preiseinbrüchen führte. Heute ist die Angebotsausweitung in den 7 größten Städten (A-Städte) vergleichsweise moderat, wie Abbildung 1 zeigt. Ursächlich hierfür sind u. a. auch die Lehren aus der Dotcomkrise. Spekulative Investitionswellen sind aktuell nicht zu beobachten. Die Baugenehmigungen deuten jedenfalls auf eine nur mäßige Neubautätigkeit in den nächsten Jahren hin. Folglich dürfte bei einer wirtschaftlichen Eintrübung die Schere zwischen Angebot und Nachfrage nicht so stark auseinandergehen, wie dies zur Jahrtausendwende der Fall war.

 

Abbildung 1: Entwicklung der Leerstandsquote Büro in % in den A-Städten

Quelle: bulwiengesa

 

Ob der aktuelle Boom in der Dienstleistungsbranche nachhaltig ist, kann nur schwer beantwortet werden. Selbst ein so bekanntes Start-up wie Facebook hatte z. B. Mitte 2012 einen Verlust von 157 Mio. USD zu verkraften, wurde von den Investoren jedoch nicht fallengelassen. Heute scheinen sich die Erwartungen erfüllt zu haben und das Unternehmen hat zu Beginn des Jahres einen Gewinn von knapp 5 Mrd. USD erzielt. Eine Prognose für möglicherweise erfolgreiche Geschäftsmodelle ist also in der Regel mit großen Unsicherheiten behaftet.

Interessanterweise hat sich der Anteil der Bürobeschäftigten in den entsprechenden Branchen in den größten Büromärkten (A-Städte) zwischen 2001 und 2017 zugunsten der „Rechts-, Steuer und Unternehmensberatung“ und „Höherer unternehmensbezogener Dienstleistungen“ entwickelt (vgl. Abbildung 2). Dagegen ging der Anteil an Bürobeschäftigten im „Finanz-, Kredit- und Versicherungswesen“ sowie im „Groß- und Einzelhandel“ zurück. Dies verdeutlicht, mit welchen Umbrüchen die jeweiligen Branchen konfrontiert sind. Heute kann in den A-Städten jeder zweite Büroarbeitsplatz (Sozialversicherungspflichtig Beschäftigter) den Branchen „Technologie, Medien, Telekommunikation“, „Rechts-, Steuer, Unternehmensberatung“, „Öffentliche Verwaltung“ und „sonst. höhere unternehmensbezogene Dienstleistungen“ zugeordnet werden. Hier stellt sich die Frage, wie konjunkturaffin z. B. Technologie- und Beratungsunternehmen sind und ob es bei konjunkturellen Abschwüngen zu entsprechenden Leerständen kommen kann.

 

Abbildung 2: Entwicklung der Bürobeschäftigten zwischen 2001 und 2017 in den A-Städten

Quelle: bulwiengesa

 

Auffallend ist die immer größer werdende Spreizung zwischen Miet- und Kapitalwertindex. Die Kapitalwerte für Büroimmobilien steigen seit 2010 wesentlich stärker als die Neuvertragsmieten (vgl. Abbildung 3). Dies ist vor allem den niedrigen Liegenschaftszinsen bzw. den stark steigenden Kaufpreisen geschuldet. Erst bei einer sich anbahnenden Zinswende dürften sich die Kaufpreise eher seitwärts bewegen und die steigenden Mieten zu den Kapitalwerten aufschließen. Ob der Verwertungsdruck (steigende Mieten) in Zukunft bzw. langfristig am Markt durchgesetzt werden kann, muss sich noch zeigen.

 

Abbildung 3: Entwicklung Kapitalwert- und Mietindex in den A-Städten

Quelle: bulwiengesa